Aktuelles

Minivan Radio auf den Malediven
Das wohl jüngste Zielgebiet für einen politischen Untergrundsender sind die Malediven. Präsident Maumoon Abdul Gayoom regiert die Inselgruppe im ...mehr...

Freie Radios

Während sich Geheimsender Stationen sind, die international via Kurzwelle, Satellit und Internet operieren und von Oppositions- und Widerstandsgruppen weltweit betrieben werden, sind Freie Radios (fast) nur UKW-Sender, die lokal und regional z.B. in Deutschland, Osterreich, der Schweiz oder auch in Nordamerika senden. Die eigentliche Entwicklung der Freien Radios setzte mit Beginn der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts ein.

Das entscheidende Kennzeichen Freier Radios ist die Möglichkeit, sich daran unmittelbar zu beteiligen und mitzubestimmen - nicht nur mit Sendungen, sondern auch organisatorisch.

Die (eher unpolitischen) Musik-Piratensender, die sich auch „Free Radios“ nennen, sind in der Regel Stationen in Europa (Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Osteuropa) auf Mittel- und Kurzwelle sowie auf UKW.


Sender von Unten

Die Pionierzeit der Freie Radios in der Bundesrepublik Deutschland Anfang der 80er Jahre

Sie nannten sich selbst "Freie Radios" oder "politische Piratensender", wurden von "Redaktions-Kollektiven" und "Freundeskreisen" gemacht bzw. unterstützt und hatten vor allem eines gemeinsam: sie sendeten illegal. Die Rede ist von jenen "Grünen und Bunten vom Schwarzen Kanal", wie sie auch genannt werden, die aus Protest gegen Umweltzerstörung, Atomkraftwerke oder Wohnraumnot eigene UKW-Sender betrieben. In den meisten Fällen nur solange, bis die Polizei sie in Zusammenarbeit mit den Messdiensten der Bundespost angepeilt, ausgehoben und dingfest gemacht hatte. Auf den Verstoß gegen das Fernmeldeanlagengesetz steht eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Von den Stationen, die sich längere Zeit behaupten konnten, soll hier die Rede sein.


Freiburg. Radio Verte Fessenheim

Pionier der alternativen Rundfunkszene in der Bundesrepublik ist Radio Verte Fessenheim - oder "Radio Grün", wie sich der Umweltschutzsender und Ableger von Radio Verte mit Sitz in Freiburg zunächst nannte. Die Programme der "Lokalredaktion Freiburg/Kaiserstuhl" richteten sich schwerpunktmäßig gegen den Betrieb des Atomkraftwerks Fessenheim am alemannischen Oberrhein und zielten auf Programme der Stadtsanierung in Freiburg, der Flurbereinigung am Kaiserstuhl und andere Umweltschutzfragen. Die beschauliche, mittelalterliche Wein- und Gotikstadt Freiburg war Anfang der 80er Jahre eines der heißesten Pflaster in Sachen Wohnungspolitik und Umweltschutz in der Bundesrepublik. Für die Bevölkerung im Dreiländereck wurden die Sendungen von Radio Verte Fessenheim seit ihrer Gründung im Sommer 1977 zu einer festen „Einrichtung der Gegeninformation". Das heißt: die Programme sollten von der Betroffenheit vieler Menschen über die fortschreitende Zerstörung unserer Umwelt und über die Bedrohung der Lebensinteressen in ihrem Raum handeln. Auch wenn es um die Erhaltung des elsässischen Dialekts ging, mischten sich die Radiomacher in die Debatte ein. Wenn nötig, sendete Radio Verte Fessenheim über besondere Ereignisse noch am selben Abend oder kündigt außerplanmäßige Sendungen durch Plakatanschlag oder Megaphon an. Gewöhnlich wurden die Sendungen ein bis zwei Tage, bevor sie zur Ausstrahlung kamen, hergestellt. Live wurde nur in den seltensten Fällen gesendet. Je zwei einfache Tonbandmaschinen und Cassettenrecorder, ein Plattenspieler, drei („gute“) Mikrophone, Kopfhörer und ein Mischpult bildeten die gesamte Studioausrüstung. Improvisation wurde groß geschrieben. Wenn die Sendungen produziert wurden, saßen alle Mitarbeiter und Gäste an einem Tisch. Einer bediente die Technik, während die "Redakteure" oder freie Mitarbeiter aus Bürgerinitiativen ihre Beiträge aufsprachen. Ein Telefonadapter erlaubte in eiligen Fällen die Einspielung neuster Informationen. Zwischen den Schwerpunktthemen wurde Musik gespielt, nicht selten wurden die Lieder auch direkt im Studio vorgetragen. Gegen Ende der Sendung wurden - sofern die Zeit reichte - Kurzmeldungen und Termine aus der Region bekannt gemacht. Der anhaltende Erfolg von Radio Verte Fessenheim ist auf ein technisch ebenso raffiniertes wie aufwendiges System zurückzuführen. Gesendet wurde nämlich keinesfalls aus einem Studio in der Freiburger Vorstadt, sondern von sehr vielen (bis zu zwanzig!) mobilen Sendeanlagen, die an verschiedenen Standorten in der Umgebung eingesetzt werden konnten. Die Reichweite eines einzelnen Senders war zwar nicht besonders groß, reichte aber immerhin etwa fünfzig Kilometer weit. Und um den Peilern von der Post das Leben so schwer wie möglich zu machen, wurden die einzelnen Sendeanlagen nacheinander für 5- 10 Minuten ein- und wieder ausgeschaltet. So ist eine wirksame Bekämpfung der illegalen Sendungen oft am technischen Geschick der Radiopiraten gescheitert. Vereinzelt kam es dennoch immer wieder zu wilden Verfolgungsjagden, und im Oktober 1980 nahm die Polizei im Elsass Verhaftungen und Beschlagnahmungen von Sendeanlagen in vier Wohnungen vor. Doch die Sendungen von Radio Verte Fessenheim wurden fortgesetzt.


Münster. Radio Fledermaus

Im Fahrwasser von Fessenheim meldeten sich bald andere illegale Sender zu Wort. In Münster entstand im Herbst 1979, unterstützt von der "Tageszeitungs-Initiative", ein Sender namens Radio Fledermaus. An einem Freitag, dem 19. Oktober, ging’s los: gleiche Sendezeit wie die "Kollegen" im Dreiländereck, unter dem Motto "öffentlich, unrechtlich, frech und frei" auf Welle 101 Megahertz. Doch anders als bei Radio Verte stellten sich im Münsterland größere Schwierigkeiten ein: die Resonanz aus der Bevölkerung war nicht so groß, die Sendungen wurden kaum beachtet, das Medium "freies Radio" war in der Öffentlichkeitsarbeit auf sich selbst gestellt. Hinzu kam, dass die Erfolge der Bundespost und der Polizei letztlich zum Abbruch der illegalen Sendetätigkeit führen mussten.


Bremen. Radio Zebra

Im März 1980 trat mit Radio Zebra in Bremen ein weiterer Alternativsender "gegen das Monopol der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten" an. Und im Gegensatz zu den Betreibern von Radio Fledermaus hielt es die Bremer Stadt-Piraten länger über Wasser. Man gab vor, ein Sprachrohr zu sein "für die sonst Sprachlosen". Die Bevölkerung aber zog offenbar nur zögernd mit, allenfalls AKW-Gegner, Umweltschützer und Instandbesetzer zeigten sich aktiv. Dies war auch der Grund für den "Freundeskreis Radio Zebra", zu Beginn des Jahres 1981 eine PR-Aktion in der Hansestadt zu starten. Die Öffentlichkeitsarbeit sollte mit Hilfe von Plakaten, Flugblättern und Aufklebern forciert werden.


Gorleben. Radio Freies Wendland

Seit Mai 1980 gab es das Radio Freies Wendland - von Kernkraftgegnern auf der Bohrstelle 1004 bei Gorleben installiert. Bis zur Räumung des Anti-Atom-Dorfes am 4. Juni begleitete der aus Fessenheim geborgte Sender die Aktionen der Platzbesetzer. Auch danach wurden die Radiomacher im Landkreis Lüchow-Dannenberg nicht müde, weiter jeden Sonnabend Nachrichten der Kernkraftgegner auszustrahlen. Zwar entdeckte die Polizei in einem Waldstück zwischen Seerau und Sarenseck ein im Erdboden vergrabenes Sendegerät und bewirkte, dass die Übertragung einer Pressekonferenz der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg gestoppt werden musste, doch das illegale Senden auf 101 Megahertz ging unvermindert weiter. In einer Fernseh-Sendung zu Beginn des Jahres 1981 äußerten sich die Radio-Wendland-Hörer vor den Kameras der ARD sogar überwiegend zustimmend zum Programm des Anti-AKW-Senders, der für sie eine Alternative zum öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstelle.


Göttingen. Radio Pflasterstein

Für Göttingen und Umgebung sendete seit November 1980 ein "revolutionärer Regionalsender" unter der Bezeichnung "Radio Pflasterstein". Jeden Mittwoch und Samstag brachte er auf UKW 103 MHz hauptsächlich Neuigkeiten aus der Hausbesetzer-Szene und dem Hochschulbereich, von Initiativen wie dem Frauenzentrum und dem Arbeitskreis gegen Atomenergie. Da die Sendungen aber nach Meinung der Ermittlungsbehörden die Straftatbestände der Beleidigung und der Aufforderung zu Gewalt erfüllten, war dies ein Grund, dass ein besetztes Haus in der Göttinger Innenstadt im Februar 1981 geräumt wurde. Die Polizei hatte den Standort des Senders am 10. Januar hinreichend sicher in diesem Gebäude ausgemacht. Doch sendete Radio Pflasterstein (lt. NEW YORK TIMES: "local underground station, pavement radio") auch nach der Räumung, wenn auch mit stark gekürzten Sendezeiten, weiter. Im April 1981 wurde dennoch eine "Pause" von unbestimmter Dauer angekündigt, die man mit mangelnder Mitarbeit in redaktionellen Dingen begründete.

Auch in anderen Städten der Bundesrepublik gab es zu der Zeit solche illegalen Radiosender, die sich vor allem politisch engagieren. So in Frankfurt, wo "Radio Isnogud" (101 MHz) sich meldete, in Hamburg ("Radio Radikalinski"), Heidelberg ("Radio Jessica"), Hannover ("Radio Regenbogen") und Köln ("Radio Wahnsinn"). Wie gefährlich das für die Betreiber sein konnte, zeigt das Beispiel München. Hier wurde gegen einen Schwarzfunker eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren verhängt. In den letzten Tagen des Jahres 1980 war in verschiedenen Münchener Stadtteilen eine Station mit dem Namen "Radio Rumpelstilz" gehört worden. Der Spruch "Ach' wie gut, dass niemand weiß ..." traf auf den "Intendanten" des Senders allerdings nicht zu.


...Anfang der 80er Jahre...